8. August 2023
Anna Woschitz zum Thema Gewährleistungsausschlüsse in Liegenschaftskaufverträgen
Im nachstehenden Artikel widmet sich sms.law Rechtsanwältin Anna Woschitz dem Thema Gewährleistungsausschlüsse in Liegenschaftskaufverträgen:
In zahlreichen Wohnungskaufverträgen sind Gewährleistungsklauseln wie beispielsweise „Zustand wie besichtigt“ enthalten und viele gehen davon aus, dass damit jegliche Gewährleistung ausgeschlossen wird.
Zu diesem Thema liegt nunmehr eine weitere OGH-Entscheidung (1 Ob 79/23h) vor, aus welcher sich – wie bereits in früheren OGH-Entscheidungen ausgeführt – ergibt, dass ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss im Zweifel restriktiv auszulegen ist. Diese aktuelle OGH-Entscheidung beschäftigt sich mit einer „Besichtigungsklausel“ und wurde diese Klausel im Wohnungskaufvertrag wie folgt vereinbart: „Die Käufer haben den Vertragsgegenstand vor Vertragsunterfertigung eingehend besichtigt und kennen daher dessen Art, Lage und äußere Beschaffenheit. Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes erfolgt im bestehenden tatsächlichen Zustand desselben, ohne Haftung des Verkäufers für einen bestimmten Bau- oder Erhaltungszustand des Objektes […] oder eine sonstige bestimmte tatsächliche Eigenschaft oder Beschaffenheit der Liegenschaft.“
Weiters war die Wohnung im Exposé mit einem „sehr guten Zustand“ beschrieben. Es stellte sich jedoch heraus, dass hinter einem Kasten Schimmel auftrat.
Der OGH kam zu dem Schluss, dass eine solche Klausel die Gewährleistung nur für Mängel ausschließe, die für einen Käufer bei sorgfältiger Besichtigung erkennbar gewesen wären. Weiters vertritt der OGH die Ansicht, dass der Käufer – aufgrund der Zusage des „sehr guten Zustandes“ – weder einen Sachverständigen zur Besichtigung beiziehen, noch nach dem Zustand fragen musste.
Es ist daher sowohl für Käufer als auch für Verkäufer wichtig zu wissen, dass durch solche „Besichtigungsklauseln“ Mängel, die nicht erkennbar sind bzw. nicht erkennbar wären, nicht ausgeschlossen werden und Verkäufer daher dafür haften. Verkäufer und Käufer sollten daher keinesfalls davon ausgehen, dass durch „Besichtigungsklauseln“ jegliche Mängel ausgeschlossen werden.
Im Zusammenhang mit Gewährleistungsausschlüssen weisen wir abschließend noch darauf hin, dass ein Verkäufer – trotz eines vertraglichen Gewährleistungsausschlusses – auch stets für arglistig verschwiegene Mängel sowie für zugesagte Eigenschaften haftet. Hat ein Verkäufer daher Kenntnis von Mängeln, ist es für den Verkäufer empfehlenswert, den Käufer darüber zu informieren, andernfalls er weiterhin für solche Mängel haftet.
Achtung bei zugesagten Eigenschaften: die Haftung bezieht sich nicht nur auf ausdrücklich zugesagte Eigenschaften, sondern auch auf schlüssig zugesagte Eigenschaften!
Weiters muss bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Gewährleistungsausschlüssen bzw., Gewährleistungsbeschränkungen immer unterschieden werden, ob das KSchG (Konsumentenschutzgesetz) anwendbar ist oder nicht, weil im Anwendungsbereich des KSchG die Gewährleistungsrechte eines Verbrauchers gemäß § 9 KSchG zwingend sind und daher nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden dürfen. Eine Einschränkung oder ein Verzicht im Anwendungsbereich des KSchG wäre nur rechtswirksam, wenn der Käufer den Mangel bereits kennt.
Im Zusammenhang mit einem Verkauf/Ankauf einer Liegenschaft ist es daher sowohl für Verkäufer als auch für Käufer wichtig, allfällige Mängel offenzulegen bzw. nach Mängeln zu fragen und durch einen Vertragserrichter gut formulierte Gewährleistungsklauseln in den Kaufvertrag aufnehmen zu lassen. Weiters ist es für Verkäufer und Käufer wesentlich, bei jeder einzelnen Liegenschaftstransaktion zu beachten, ob das KSchG zur Anwendung gelangt (sohin ob es sich um einen Erwerb zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher oder um einen Erwerb zwischen Verbraucher handelt).
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